Cornelia Apostol
03 Nov
Das Ego – das kleine Ich, das stets mehr will

Das Ego, unser kleines Ich, das alles durch seine Linse wahrnimmt und jede Erfahrung persönlich nimmt, ist ständig unzufrieden und rastlos. Es glaubt, dass das Glück woanders zu finden ist, dass es mehr Abenteuer, mehr Erfüllung, mehr Anerkennung braucht. Doch das Ego kennt keine echte Ruhe – ihm ist schnell langweilig, und so beginnt es ständig neue Herausforderungen zu suchen, nur um sich selbst zu bestätigen und zu beweisen. Es definiert sich durch das, was es erreicht, geschaffen und geleistet hat, und wenn das Adrenalin der letzten Errungenschaft nachlässt, sucht es verzweifelt nach der nächsten Herausforderung.

Das Ego hat klare Wünsche und Bedürfnisse, die es am liebsten sofort erfüllt haben will. Kommen diese jedoch nicht in greifbare Nähe, wird es rastlos und ungeduldig, und anstatt abzuwarten, sucht es sich sogleich ein neues Ziel, das ihm Befriedigung verspricht. Es springt unruhig von einem Wunsch zum nächsten, von einem Ziel zum anderen, in der ständigen Hoffnung, irgendwo die ersehnte Erfüllung zu finden. Doch diese Zufriedenheit bleibt flüchtig, und das Ego beginnt den Zyklus von vorne – ein endloser Kreislauf, der das Gefühl echter Fülle und Zufriedenheit immer nur hinauszögert.

Um seinen Weg fortzusetzen, braucht das Ego außerdem ständige Motivation oder Inspiration, egal ob von anderen Menschen, von äußeren Umständen oder von seinem eigenen Verstand. Es ist darauf angewiesen, dass etwas von außen oder aus dem Inneren seines Geistes ihm den nächsten Anstoß gibt, das nächste Ziel oder die nächste Herausforderung, die ihm das Gefühl von Fortschritt vermittelt. Ohne diesen Anreiz fällt es dem Ego schwer, im gegenwärtigen Moment und im Einklang mit dem, was ist, zu verweilen.

Das Ego ist wie ein ruheloser Reisender, immer unterwegs, nie wirklich an einem Ziel angekommen. Es stellt sich ein Leben vor, das immer spannend und erfüllend ist, ein Leben, das anderen besser gefällt oder ihm mehr Bedeutung gibt – aber nie kann es das gegenwärtige Leben so annehmen, wie es ist. Kaum hat es ein Ziel erreicht, merkt es, dass es nicht die erhoffte Erfüllung bringt und beginnt, das Erreichte schon wieder zu hinterfragen und zu verändern. In seiner Zerrissenheit sieht das Ego die Welt stets durch das Prisma von Gut und Böse, von richtig und falsch, und schafft so eine künstliche Trennung zwischen Dingen, die es bejaht, und denen, die es ablehnt. Diese Bewertungen lassen uns glauben, dass das Leben kontrolliert, verändert und optimiert werden muss, um akzeptabel zu sein.

Um sich seine eigene Unruhe und Sehnsucht zu erklären, beginnt das Ego, sich selbst Geschichten zu erzählen. Es wiederholt sich seine eigenen Vorstellungen und Überzeugungen – die eigenen kreierten Lügen – so lange, bis es anfängt, sie zu glauben. Auf diese Weise baut es sich eine kleine, überschaubare Welt der eigenen Wahrheit, die ihm hilft, das Gefühl der inneren Zerrissenheit zumindest etwas zu lindern und das Leben erträglicher zu machen. Doch unter diesen Überzeugungen schlummert weiterhin ein leiser Zweifel, eine Ahnung, dass dieses konstruierte Bild vielleicht gar nicht die wahre Erfüllung ist.

In einem besonderen Trick redet sich das Ego dann auch noch ein, dass dieser rastlose Weg tatsächlich der Weg des Herzens sei. Es sucht Anerkennung im Außen, Bestätigung und Ziele und nennt es „Wachstum“ oder „Erfüllung“, während es insgeheim eine innere Zerrissenheit spürt, eine Ahnung, dass das wahre Glück vielleicht ganz woanders liegt. Doch anstatt still zu werden und auf diese Sehnsucht zu hören, übertönt das Ego sie mit neuen Ideen und noch mehr Aufgaben. Diese tiefe, stille Sehnsucht, die aufkommt, zeigt uns, dass das Herz nach etwas viel Einfacherem und Wahrhaftigerem verlangt. Doch das Ego übersieht diese Stimme oft und überdeckt sie, weil die Stille und das Sein ihm zu bedrohlich erscheinen.

Selbst der Weg des Herzens, ein Pfad der Stille, des Fühlens und der Akzeptanz, wird so oft vom Ego in ein Konzept verwandelt, in eine Art „Projekt der Selbstverbesserung.“ Das Ego greift die Idee vom Herzensweg auf, verpackt ihn in Methoden und Ziele und lässt uns glauben, dass es ein weiterer Weg ist, um „besser“ zu werden. Doch auf diese Weise bleibt der Herzensweg eine bloße Idee, die uns erneut von uns selbst entfernt, anstatt uns tiefer zu uns zu führen.

Die Wahrheit ist, dass Erfüllung nur im Hier und Jetzt zu finden ist, im Annehmen dessen, was gerade ist, ohne es gleich verändern oder bewerten zu wollen. Wenn wir lernen, das Ego als das zu sehen, was es ist – ein unruhiger, suchender Teil, der sich nur durch äußere Bestätigung definiert – können wir die Chance ergreifen, ihm mit Liebe und Verständnis zu begegnen. Statt die nächste Herausforderung zu suchen, können wir einfach innehalten und uns mit dem verbinden, was bereits da ist. Denn wahre Zufriedenheit entsteht aus der Verbindung zu uns selbst, aus der Begegnung mit dem Leben, frei von den unermüdlichen Forderungen des kleinen Ichs.

Vielleicht möchtest du dir ein paar Fragen stellen und ihnen nachspüren:

        •       Gibt es etwas, wofür ich immer wieder Bestätigung im Außen suche?
        •       Woran erkenne ich die innere Stimme des Herzens, wenn das Ego mir seine Vorstellungen vom Glück aufdrängt?
        •       Spüre ich manchmal, dass ich trotz Erfüllung meiner Ziele innerlich zerrissen bin?
        •       Bin ich bereit, innezuhalten und einfach nur mit mir selbst zu sein, ohne gleich wieder eine neue Herausforderung zu brauchen?

Wenn du spürst, dass du gerne tiefer in diese Themen eintauchen und dir deiner inneren Muster bewusster werden möchtest, dann lade ich dich herzlich ein, dich bei mir zu melden. Ich bin hier, um dich liebevoll, fürsorglich und mit tiefem Verständnis auf deinem Weg zu begleiten. Es gibt nichts zu heilen oder zu verändern – es gibt nur zu erkennen, dass du es so annehmen darfst, wie es ist.


Herzliche Grüße


Cornelia Apostol

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